Samstag, 24. Januar 2009

Wiederaufnahmeantrag

7. Juli 2008
Wie ist es um die nächtliche Aufsicht bestellt?

„Aus dem Verhalten des Raymund Beckers ist zu schließen, dass er nach dem Telefonat mit der Mutter seines Kindes zu dem Dorf fuhr, wo er selbst einen Teil seiner Kindheit verbracht hat. Nachdem er stark betrunken war, suchte er das Kinderdorf auf, in dem er selbst gewohnt hatte. Nachdem er dort abgewiesen worden war, dürfte er sich vor dem Kinderheim mit seinem Leibriemen an einem Baum erhängt haben. Es haben sich keine Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden an dem Tod des Raymund Beckers ergeben“, schließt der zweite Kriminalbeamte, der sich mit diesem Fall beschäftigt hat, am 3. September 1995 seinen Bericht ab. Notiert hat er auf Seite 2 auch, dass der Leiter des Jugenddorfes Sankt Josef in Dalheim inzwischen „eine Registratur des Raymund Beckers“ gefunden habe, auch der Bruder des Toten, Johann Lambert Beckers aus Mönchengladbach, habe in diesem Heim gewohnt.

In dieser Registratur steht der Name und die Anschrift der Mutter von Raymund und Johann Lambert Beckers. Sie hat 1960 geheiratet und bekommt mit ihrem Mann drei weitere Kinder. Die Beerdigungskosten begleicht jedoch der Bruder aus Mönchengladbach, dem auffällt, dass der Tote von einer Leichenhalle zur anderen gebracht worden ist. Für Johann Lambert Beckers dauert die Suche nach seiner Mutter bis 2001. Diese Suche hätte man ihm erleichtern können.

Zweifel an Selbstmordtheorie

Johann Lambert Beckers zweifelt bis heute an der Selbstmordtheorie. Im April 2008 schaltet er einen Anwalt ein, der am 28. April 2008 beim Düsseldorfer Landgericht einen Wiederaufnahmeantrag stellt. In diesem Antrag heißt es: „Für den Antragsteller besteht der dringende Verdacht, dass sein Bruder nicht Selbstmord begangen hat, sondern Opfer eines Tötungsdelikts geworden ist.“ Weiter schreibt er: „Raymund Beckers klingelte an der Tür des Kinderheimes und begehrte Einlass. Von einer weiblichen Angestellten wurde ihm dies jedoch verweigert. Raymund Beckers lief danach noch eine Weile im Kinderdorf und auf dem angrenzenden Friedhof herum.“

Der Bruder des Toten wird von einem Kriminaloberkommissar aus Heinsberg verhört, bei diesem Verhör soll der Beamte gesagt haben: „Die Akten sind schon alle vernichtet, auch die Staatsanwaltschaft hat keine Todesermittlungsakten gefunden.“ Doch plötzlich tauchen diese Unterlagen wieder auf. In diesem Zusammenhang beschwert sich der Anwalt von Johann Lambert Beckers darüber, dass er bislang keine Akteneinsicht bekommen habe.

Warum tut Erzieherin nichts?

Das Verhalten der Erzieherin S., die Raymund Beckers zu mitternächtlicher Stunde wieder weggeschickt hat, wertet er als mögliche „fahrlässige Tötung“, denn: „Zumindest wäre zu erwarten gewesen, dass sie einen Arzt, eine Klinik und/oder die Polizei angerufen hätte, damit Raymund Beckers einem Amtsarzt vorgestellt oder in eine Psychiatrie gebracht worden wäre. Von Seiten der Angestellten des Kinderheimes wurde jedoch nichts dergleichen veranlasst, obwohl die vorgeschilderten Maßnahmen nahe gelegen hätten.“

Machen wir uns noch einmal klar: Raymund Beckers klingelt gegen 0.15 Uhr an der Tür des Jugenddorfes Sankt Josef in Dalheim, ein Heimkind lässt ihn eintreten, im Aufenthaltsraum sitzen drei weitere Kinder, die Erzieherin S. kommt dazu und begleitet Raymund Beckers zur Tür, danach hält sich der 37-Jährige noch eine Zeitlang im Jugenddorf auf und geht auch zum angrenzenden Friedhof. Davon hat niemand etwas mitbekommen? Niemand hat sich darum gekümmert, dass draußen ein Betrunkener herumtorkelt? Wie ist es da um die nächtliche Aufsicht in diesem Jugenddorf bestellt?

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